Das Urvertrauen eures Baby – Bedeutung der Mutter-Kind-Bindung nach der Geburt
Liebe Mütter, Liebe Väter

Sicher habt ihr schon einmal vom sogenannten Urvertrauen gehört. Es wird aufgebaut durch körperliche und emotionale Nähe zwischen Eltern und Kind und ist unbeschreiblich wichtig für die gesunde Entwicklung eures Sprösslings. Warum der Aufbau des Urvertrauens so enorm wichtig ist, welche Auswirkungen es auf das gesamte Leben hat und viele weitere interessante Dinge zu diesem Thema, erfahrt ihr in meinem Artikel.
Das Urvertrauen beim Baby umfasst die absolute Sicherheit und Zuverlässigkeit einer liebevollen Umsorgung. Daher ist gerade nach der Geburt die enge Beziehung zur Mutter wichtig. Auf Störungen der Mutter-Kind-Beziehung reagiert das Baby. Extreme Störungen wie Ablehnung, Depression, hochgradige Gereiztheit beeinträchtigen das Urvertrauen.
In solchen Fällen sollten so schnell wie möglich beide Eltern einbezogen werden, um die Ursachen zu ergründen, eventuell den Vater stärker als Bezugsperson für das Baby aufzubauen. Die Bezugsperson kann ebenso eine nahe Angehörige, die Großmutter, Freundin sein. Wichtig ist eine beständige emotionale Zuwendung.
Nehmen eure Babys schon Stimmungen wahr?
Während der Entwicklung im Mutterleib ist das Kind rundum geschützt. Dennoch werden bereits Reize aus der Umgebung und dem mütterlichen Körper wahrgenommen.
Wie Ungeborene auf Musik, mütterlichen Herzschlag und die Stimme reagieren, ist weitgehend erforscht.
Verschiedene Studien befassen sich mit dem Einfluss des mentalen Zustandes der Mutter während der Schwangerschaft. So geht eine Studie der Universität Nagasaki/Japan auf Reaktionen Ungeborener auf mütterliche Emotionen ein. US-amerikanische Studien erforschten den Einfluss von Depressionen und Stimmungen auf das Ungeborene, genauso die Forscher der University of California Sandman, Glynn und Davis.
Forschungen in diese Richtung untermauern die enge Bindung, die bereits in der Schwangerschaft zwischen Mutter und Kind herausgebildet wird.
Die Geburt mit dem Wechsel vom körperlichen Schutzraum in eine unbekannte Welt ist ein entscheidender Einschnitt. Hier spielt die enge Bindung zwischen Mutter und Kind eine entscheidende Rolle.
In diesem Schutz entwickelt das Baby das Urvertrauen als wichtige Voraussetzung späteren Selbstvertrauens!
Das schnelle Anlegen an die mütterliche Brust ist nicht nur ideal wegen der wichtigen Abwehrstoffe der ersten Muttermilch, sondern auch für die direkte Fortführung des engen körperlichen Kontakts zur Mutter.
Wärme, Nahrung, mütterlicher Herzschlag, Stimme, Berührung gewähren Schutz.
Hemmnisse für das Urvertrauen eures Kindes
Sicherheit und Urvertrauen des Säuglings spielen in der Säuglings- und Kleinkindforschung eine bedeutende Rolle. Besonders bedeutsam ist dabei die Mutter-Säuglingsbeziehung.
René A. Spitz, ein österreichisch-amerikanischer Psychoanalytiker wandte sich besonders der Säuglingsforschung und der Entwicklungspsychologie zu. Er erforschte die Reifungsprozesse von Kleinstkindern in bestimmten Altersphasen, benannte die Mutter-Kindbeziehung im Säuglingsalter als maßgeblich prägend und befasste sich mit kindlichen Entwicklungsstörungen durch einen Mangel dieser Bindung.
Um später Selbstvertrauen zu entwickeln, muss sich das Baby auf das natürliche Urvertrauen zur Mutter stützen können.
Es braucht die Sicherheit, dass seine Bedürfnisse wahrgenommen und befriedigt werden. Die Wahrnehmungsfähigkeit von Säuglingen ist weitaus differenzierter als man in früheren Zeiten angenommen hat.
Babys spüren, ob sie innig oder oberflächlich versorgt werden.
Stimmungen wie
- Unsicherheit,
- Nervosität,
- Ängste oder
- Ablehnung der Mutter
übertragen sich.
Eine postpartale Depression der Mutter (Depression nach der Geburt) verdient deshalb auch im Kindesinteresse besondere Beachtung und eine frühzeitige, effektive Behandlung.
Das Urvertrauen kann auch durch schnell und häufig wechselnde Bezugspersonen beeinträchtigt werden.
Eine entscheidende Erschütterung des kindlichen Urvertrauens beim Säugling stellt das „Schreienlassen“ in einer isolierten Umgebung dar.
Das ist beispielsweise der Fall, wenn das schreiende Kind im Kinderzimmer, Babybett oder anderswo einfach sich selbst überlassen wird.
Störungen emotionaler Nähe – Auswirkungen
Die erste Lautäußerung, um Bedürfnisse zu äußern, ist das Schreien.
Dabei hat Schreien verschiedene Ursachen. Das sind nicht immer klar erkennbare Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Schmerzen oder Müdigkeit. Ursachen können auch
- Reizüberflutung durch laute Geräusche,
- schneller Umgebungswechsel (abruptes Ablegen des Babys),
- Verlassen (Abkehr, Weggehen der Bezugsperson)
sein.
Allerdings können die Ursachen auch bei einer Störung der Mutter-Kind-Bindung liegen.
Mangelnde Emotionalität, psychische Erkrankungen der Mutter, Reizbarkeit und Nervosität, schnelle Stimmungswechsel teilen sich dem Baby mit.
Sicherheit ist auch bei eurem Säugling ein Grundbedürfnis
Werden Babys nur zum Füttern aufgenommen, viel allein gelassen, spüren sie zu wenig/keine Zuwendung.
Wird das Urvertrauen ständig erschüttert, reagieren Babys oft mit
- Schlaf- und Fütterproblemen,
- erhöhter Unruhe und/oder
- exzessivem Schreien.
Gibt es dafür beim Baby keine körperlichen Ursachen, sollten sich Eltern nach anderen Ursachen informieren.
Mütter: Problem benennen statt verstecken
Wenn ein Baby exzessiv schreit, Schlafstörungen hat, fühlen sich Mütter häufig als Versagerinnen. Allerdings ist gerade beim ersten Kind, besonders bei sehr jungen Müttern, einige Zeit nötig, um sich nicht nur den körperlichen Veränderungen, sondern auch dem neuen Tag-Nacht-Rhythmus und den Bedürfnissen des Babys anzupassen.
Die Angst als Mutter zu versagen führt häufig zu Überbesorgnis.
Dem Baby wird nicht mehr die nötige Ruhe gegönnt. Oft versuchen Mütter sozusagen eine Lehrbuchmutter zu sein. Das führt dazu, dass sie dazu neigen, eigene Schwächen und Probleme zu verbergen, statt deren Überwindung zu üben oder einen geeigneten Ausweg zu suchen.
Seelische Probleme, depressive Stimmungen, Überreiztheit, Schwierigkeiten mit dem Partner, der Lebenssituation können die ausgewogene Mutter-Kind-Beziehung beeinträchtigen.
Ist die Belastung der Mutter ist zu hoch, so ist es sinnvoll Hilfe beim Arzt, Psychologen, der Schreiambulanz, einer Partnerberatung oder Gruppe zu suchen.
Mentale Störungen der Mutter lassen sich zeitweilig vor dem erwachsenen Umfeld, nicht aber vor dem sensiblen Säugling verstecken. Der spürt Stimmungen und reagiert darauf.
Daher gibt es von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie die Empfehlung bei Schlafstörungen, exzessivem Schreien oder Fütterproblemen des Babys auch die psychische Situation der Eltern zu betrachten.
Umgang mit Eltern und Baby bei Bindungsstörungen
Die fehlende innerliche Nähe der Mutter zum Baby erschüttert für den Säugling das natürliche Urvertrauen.
Allerdings handelt sich bei vielen solcher Störungen nicht um unumkehrbare Prozesse. Mütter, die an einer postpartalen Depression leiden, können nach der Behandlung einen innigen, guten Kontakt zum Kind aufbauen. Unsichere Mütter können durch eine gute Begleitung gestärkt werden und für Probleme in Partnerschaft und Lebenssituation stehen Hilfen zur Verfügung.
Es sollte nicht nur das Verhalten der Mutter/des Vaters beleuchtet werden, sondern auch
- die finanzielle Situation
- das Wohnumfeld und
- andere soziale Ursachen
In scheinbar ausweglosen Lebenssituationen fällt es Müttern schwerer, sich auf das Baby einzulassen, es anzunehmen.
Bei gesundheitlichen Störungen – psychischen wie körperlichen – der Mutter, ist eine enge Vater-Kind-Bindung eine entscheidende Hilfe. Steht der Vater aus beruflichen oder anderen Gründen nicht zur Verfügung, ist die Mutter alleinerziehend, ist eine weitere enge Bezugsperson für das Baby wichtig.
Ständig wechselnde Hilfen sind eine schlechte Lösung.
Das Baby braucht den stabilen Personenkontakt, um sein Urvertrauen zu festigen und somit auch später Selbstvertrauen aufbauen zu können. Je schneller Probleme der Bindung zwischen Mutter und Baby erkannt werden und tätige Hilfe geleistet wird, desto weniger nachteilig wirken sich solche Störungen auf das Kind aus.
Alles ist in Ordnung – das Baby schreit exzessiv
Mit ständigem Schreien will das Kind immer etwas äußern. Es kann also nicht alles in Ordnung sein. Bekannt sind die Fälle, wo das Kind völlig gesund ist, das Familienumfeld ausgeglichen, die Mutter psychisch stabil.
Was tun?
Können Eltern das Kind nicht mehr beruhigen, gibt es Hilfe in Schreiambulanzen, bei spezialisierten Psychologen. Eine weitere Bezugsperson kann die Eltern/Mütter unterstützen. Das Urvertrauen wird durch Verlässlichkeit und Nähe gestärkt. So schwer es sein mag, das schreiende Baby sollte liebevoll gehalten werden, und zwar in einer reizarmen Umgebung.
Oft verstecken sich die Ursachen im sozialen Umfeld
Eltern gestehen sich ihre Reizbarkeit und Überforderung selbst nicht ein oder in der sozialen/familiären Umgebung herrscht ein Klima von Misstrauen, Vorwürfen und unterdrückter Aggression. Eine Risikoschwangerschaft oder schwere Geburt können ein Trauma hinterlassen haben. Es gibt viele Möglichkeiten, die angedacht werden sollten.
Im Vordergrund sollte stehen, trotz objektiver Hemmnisse und Probleme die Mutter-Kind-Bindung/Eltern-Kind-Bindung zu festigen und die Mutter mental zu stärken.
Selbst wenn eine gute Bindung erst im Lauf der ersten Monate aufgebaut wird, stärkt sie das Kind nachhaltig.